Schüler der dritten Klassen erfuhren es aus erster Hand

Unterricht mal anders: Herr Wagner aus Ihrlerstein, der seit seinem 12. Lebensjahr gänzlich erblindet ist, war zu Besuch bei den 3. Klassen der Grundschule Saal a.d. Donau.

Schon länger beschäftigten sich die 3. Klassen im Rahmen des Heimat- und Sachunterrichts mit dem Aufbau, der Funktionsweise und dem Schutz des Auges. Schwierig war es für die Schüler aber sich vorzustellen, wie es ist, gar nichts zu sehen. Aus diesem Grund waren sie tief beeindruckt, als Herr Wagner, unterstützt von seiner Frau, den Kindern vier Schulstunden lang Rede und Antwort stand.

Herr Wagner berichtete sehr anschaulich, mit jeder Menge Material sowie einer Engelsgeduld über das alltägliche Leben eines blinden Menschen. Die Schüler zeigten großes Interesse und der Wissensdurst war groß.

Zuerst wollten die Schüler wissen, wie es Herrn Wagner möglich sei, zu lesen. Dazu zeigte er den Schülern ein Buch in Blindenschrift. Er erklärte ihnen, dass eine gedruckte Seite aus einem ihrer Bücher in etwa drei Seiten Blindenschrift entspricht. Jedes Kind erhielt ein Blindenschrift-Alphabet nach Louis Braille vom Bayerischen Blinden- und Sehbehindertenbund e.V.
Auch ein Schreibgerät, das die Punktebilder der Blindenschrift auf Papier überträgt, führte er den Kindern vor. Besonders beeindruckend waren die Schüler von den Simulationsbrillen, mit der sie nur noch 10% der Umgebung wahrnehmen konnten.

Sehr interessant für die Kinder war auch die Frage, ob Blinde Fußball spielen können. Herr Wagner erzählte den Kindern, dass er früher sehr sportlich war. Im Zweierteam mit seinem Freund legte er weite Strecken mit dem Tandem in beachtlicher Geschwindigkeit zurück. Voraussetzung dafür war das absolute Vertrauen zum Partner. Auch Fußball können blinde Menschen spielen. Dazu ist der Ball mit einer Rassel ausgestattet.

Als Herr Wagner anmerkte, dass eine seiner großen Leidenschaften das Kochen sei, wunderten sich die Kinder. Wie er die Gewürze findet, fragten sie. Herr Wagner zeigte ihnen, dass er alle Gewürzbehälter mit einem Punkt gekennzeichnet hatte. Berührte er diesen Punkt nun mit einem speziellen Scangerät, nannte ihm dieses den Inhalt. Wichtig sei zuhause nur, dass alles in der Wohnung genau am vereinbarten Platz stehe. Die Kaffeetasse eines Besuchers zum Beispiel könne bereits Verwirrung stiften. 

Natürlich bringt das Blindsein Schwierigkeiten mit sich, an die Sehende oftmals nicht denken. Zum Beispiel stellen für Herrn Wagner parkende Autos auf Bürgersteigen ein sehr großes Problem dar, weil er normalerweise damit nicht rechnet. Auch ein offenes Fenster während seiner langjährigen Tätigkeit im Kelheimer Krankenhaus wurde ihm einmal zum Verhängnis. Er stieß sich daran den Kopf und musste behandelt werden.

Alles in allem war es ein sehr interessanter und gewinnbringender Vormittag, den die Kinder nicht vergessen werden.


Fotos: Christina Matner und Stefanie Berger-Müller

Text: Stefanie Berger-Müller